Das Fachkonzept Ressourcen- und Sozialraumorientierung im Überblick

Das Fachkonzept zur Ressourcen- und Sozialraumorientierung ist keine neue „Theorie“ oder ein mit anderen „Schulen“ konkurrierender Ansatz sondern eine unter Nutzung und Weiterentwicklung verschiedener theoretischer und methodischer Blickrichtungen entwickelte Perspektive für unterschiedliche Zielgruppen, die als konzeptioneller Hintergrund für das Handeln in zahlreichen Feldern sozialer Arbeit dient.  Der methodischen Vielfalt von Akteurinnen und Akteuren, die unter dieser Überschrift arbeiten, sind dabei keine Grenzen gesetzt. Die unten genannten Prinzipien dienen dabei als „Kompass“ ob man „auf der hohen See“ des beruflichen Alltags noch „auf Kurs“ des Fachkonzeptes ist.

Sozialraum- und Ressourcenorientierung als fachliches Konzept besteht im Kern aus folgenden

fünf Prinzipien:

  1. Ausgangspunkt jeglicher Arbeit sind der Wille bzw. die Interessen der Menschen (in Abgrenzung zu Wünschen oder gutgläubig definierten Bedarfen).
  2. Aktivierende Unterstützung hat grundsätzlich Vorrang vor betreuender Tätigkeit.
  3. Bei der Gestaltung der Aktivitäten und Hilfen spielen personelle und sozialräumliche Ressourcen eine wesentliche Rolle.
  4. Aktivitäten sind immer zielgruppen- und bereichsübergreifend angelegt.
  5. Vernetzung und Integration der verschiedenen sozialen Dienste sind Grundlage für funktionierende Einzelhilfen.

Die zentrale Bedeutung des Willens im Fachkonzept trägt der Tatsache Rechnung, dass Menschen sich dann bewegen, aktiv werden, Aufwand und Rückschläge in Kauf nehmen, wenn ihnen etwas wirklich wichtig ist, wenn etwas tatsächlich Bedeutung hat, kurz: wenn sie wirklich (etwas) wollen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand anstrengt für etwas, das weniger wichtig, attraktiv, bedeutsam erscheint, erscheint dagegen deutlich geringer.

Der Wille der Betroffenen ist zugleich Motor und Treibstoff, um deren Ziele zu erreichen. Damit unterscheidet sich der Wille deutlich von Wünschen, Vorstellungen, Ideen, Träumen und Visionen, auch wenn diese häufig als Ausgangspunkt für einen deutlich formulierten Willen dienen. Für die Fachkräfte bedeutet dies, dass sich die Hilfeplanung, wenn eben möglich am Willen und an den Ressourcen der Klienten orientiert – da dies die Chance auf einen effektiven Hilfeverlauf und auf nachhaltige Lösungen, wie z.B. eine weitest gehende Verselbständigung der Klienten deutlich erhöht.

Darüber hinaus beinhaltet dies auch, dass jeder Versuch, Menschen

  • zu etwas zu überreden
  • zu etwas zu motivieren, was sie nicht wirklich wollen
  • zu überzeugen, dass sie etwas wollen sollten

mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt ist. In der Regel bedeutet es auch Verschwendung von personellen und zeitlichen Ressourcen.

Um passgenaue Hilfen, orientiert am Willen und an den Ressourcen der betroffenen Menschen, zu entwickeln, bedarf es einer Vielzahl unterschiedlicher Methoden, Strategien und Instrumente. Es gilt, die Inhalte und Ziele herauszufinden, die grundsätzlich vorrangig für die Betroffenen sind und durch eigene Leistung – sowie auch unter Nutzung sorgfältig dosierter, professioneller Unterstützung und sozialstaatlicher Leistungen – durch sie selbst erreicht werden können.

Fachkräfte können Menschen dabei unterstützen

  • ihren Willen herauszufinden und zu klären
  • realistische Ziele zu entwickeln
  • Voraussetzungen zu schaffen oder Hindernisse zu beseitigen, um ihren Willen umzusetzen

Die Aufgabe der entsprechenden Fachkräfte ist somit die Schaffung einer von Respekt und Augenhöhe geprägten kommunikativen Situation, in der unter Verzicht auf jegliche Form von Einmischung und Besserwisserei geklärt wird, was jemand in Bezug auf seine Lebenssituation für Voraussetzungen / Bedingungen schaffen will, um es ggf. zu verändern bzw. den Status quo zu erhalten. Für die Kommunikation mit den Betroffenen bedeutet dies,  dass die entscheidenden Interventionen der (sozialen) Fachkräfte allesamt auf die Kernfragen zurückzuführen sind:

  • Was wollen Sie in Bezug auf ihre aktuelle Situation ändern?
  • Was wollen Sie erreichen?
  • Wann wollen Sie wie damit beginnen?